Die Speisekarte bezeichnet den Preis, bestimmt aber wesentlich den gesamten Ablauf der Betriebsorganisation

Artikelserie zum Thema
Speisekarten
1 Rechtsgrundlagen
2 Kennzeichnungspflichten
3 Deklarationsvorschriften
4 Gliederung Speisenangebot
5 Gliederung Getränkekarte
6 Konzeptdarstellung
7 Zielgruppe
Lagerhaltung
9 Kalkulation
10 Betriebsorganisation (vorb)
11 grafische Gestaltung
12 Tageskarten (vorb)
13 Sonderveranstaltungen (vorb)
14 Allergenkennzeichnung

Landläufig wird die Speisekarte gerne als einfaches Preisverzeichnis wahrgenommen, das sie rechtlich und aus Kundensicht ja auch darstellt. Praktisch erstellt der Gastronom mit der Standardkarte aber auch sein grundlegendes Leistungsverzeichnis. Hier wird nicht nur das angedachte Konzept in eine entsprechende Darstellung umgesetzt, mit diesem grundsätzlichen Leistungsversprechen an die Kundschaft werden auch sämtliche betrieblichen Abläufe angesprochen, an dem diese sich in der Folge zu orientieren haben. Insoweit kann die Speisekarte als das auf Papier gebrachte Rückgrat der Gastronomie bezeichnet werden.

Die folgende Betrachtung bezieht sich daher auf das permanent vorgehaltene Angebot an Speisen und Getränken, gerne auch als Standardkarte bezeichnet. Tages-, Aktions- oder Sonderspeisekarten sind davon ausgenommen, auch wenn für sie durchaus dieselben Kriterien gelten können, wie sie im Folgenden beschrieben werden. Das Herzstück der gesamten Ablauforganisation wird aber durch die Standardkarte bestimmt. Sie spiegelt einerseits das Betriebskonzept wieder, wenn sie gut gemacht ist, bestimmt aber andererseits auch die Grunderfordernisse an Ausstattung, Vorrat und Personal, die ständig aufrechterhalten werden müssen.

Standardkarte bestimmt Ausstattung und Lagerliste

Dieses Sortiment bestimmt zunächst den Katalog an Waren, der immer in genügendem Vorrat und hinreichender Frische vorzuhalten ist. Hier bestimmen Sie, wofür Ihr Betrieb immer stehen wird, seine Aushängeschilder. Nichts ist peinlicher, als eben diese Aushängeschilder nicht in genügender Qualität oder Anzahl anbieten zu können, weil der Kunde ja genau deswegen zu Ihnen kommt. Deshalb sollten sie mit Bedacht ausgewählt werden.

  • Einkaufslogistik

    Aus diesem Sortiment ergibt sich zunächst ihre grundsätzliche Einkaufslogistik. Aus der Getränkekarte und der Rezeptur der aufgenommenen Speisen lassen sich die vorzuhaltenden Artikel direkt herunterbrechen und in entsprechende Listen verarbeiten. Meistens führt dies zu einem Katalog an Lieferanten, und dieser sollte Sie zu einer ersten Rückprüfung ihres Speisekartenkonzepts bewegen. Vielleicht möchten Sie eine bestimmte Biersorte anbieten, die Sie vom Konzept her für wichtig erachten (Irish-Pub ohne Guinness geht nicht), der Lieferant bietet aber nur eine Cola-Sorte an, die Sie nicht übernehmen wollen. Oder der Großhändler, der ihre Steaks liefern soll, kann alles liefern außer den Produkten, die für ihre geplante Dessertkarte unumgänglich sind.
    Je mehr einzelne Anlaufstellen Sie benötigen, um ihr Sortiment realisieren zu können, desto komplizierter wird ihr Ablauf. Liefertermine und Bestellfristen müssen beachtet und eingehalten werden, meistens auch Mindestbestellwerte. Sie sollten also darauf achten, die Belieferung ihres Angebots so einfach wie möglich zu gestalten. Produkte, die sehr spezielle Bezugskanäle erfordern, also eher mit Vorsicht betrachten und nur dann realisieren, wenn sie unverzichtbar erscheinen. Umgekehrt sollten Sie das Angebot der ausgewählten Lieferanten sorgfältig prüfen, ob sich hier weitere Verwertungsmöglichkeiten ergeben, die ihr geplantes Sortiment alternativ bereichern können. Bereits an dieser Stelle kann sich ihre geplante Speisekarte also schon wieder verändern.

  • Betriebsausstattung

    Zugleich stellt das geplante Angebot auch bestimmte Anforderungen an die Ausstattung. Ganz simpel erfordert das Angebot von Fassbier eine Schankanlage und ein Schweinsbraten das Vorhandensein eines Ofens. Bereits diese triviale Aussage kann Sie in der Praxis überraschen: Die Auswahl des Treibmittels für diese Schankanlage ist relevant, falls Sie Guinness verkaufen wollen und die Kriterien für die spezielle Auswahl des Ofens für den Schweinsbraten und anderer Produkte wird Sie sehr überraschen, wenn Sie nicht selbst kochen, sondern sich auf Fachpersonal verlassen (müssen). Diese Überraschung kann sich noch steigern, falls die Frage des Stromanschlusses oder allgemein der Stellplatz für das Gerät problematisch wird.
    Was Ihnen blühen kann, wenn Sie ganz spezielle Konzepte verfolgen, können Sie aus diesen Allgemeinplätzen abschätzen. Hier allerdings können Sie meistens auf die Hilfe der ebenso speziellen Lieferanten zurückgreifen, die das Equipment oft mitliefern, seien es Brauereien, Kaffeeröster oder Pizzabäcker. Gerade zu Anfang kann hier beständiges Nachbohren hilfreich und kostensparend sein. Das Bohren sollte aber vor der Ausarbeitung der späteren Karte erfolgen. Sobald sie erkennbar darauf angewiesen sind, könnten Sie auch ein müdes Lächeln ernten.

In jedem Fall wird die Auswirkung der zunächst geplanten Speisekarte auf Einkaufslogistik und nötige Ausstattung bisweilen eine Überarbeitung der ursprünglichen Planung erfordern. Dies ist jedoch durchaus positiv zu sehen, da das Fundament dadurch nur noch stabiler wird.

Angebotsbreite und Lagerkosten – gegensätzliche Steuerungskriterien bei der Speisekartengestaltung

Die Speisekarte soll die Verdeutlichung ihres Betriebskonzepts betonen und möglichst für jeden der erwünschten Kunden etwas bieten. Tatsächlich kann der Mexikaner Enchiladas mit ziemlich allem füllen, für einen Pizzabelag gibt es kaum Grenzen der Fantasie und die Benennungsmöglichkeiten griechischer Grillteller wird höchstens durch die Anzahl griechischer Götter und Großstädte begrenzt. Lassen Sie sich nicht blenden. Eine gewisse Variationsbreite ist wichtig, generell fahren Sie mit dem Prinzip Klasse statt Masse besser.

Lagerkosten sind keine Einkaufskosten…

Bei der Sortimentsplanung ist grundsätzlich auch die Frage der Lagerkosten zu berücksichtigen. Jeder Artikel, den Sie dauerhaft vorhalten müssen, kostet Geld. Damit ist nicht nur der reine Einkaufspreis gemeint, der in ihrer Preiskalkulation aufgeht. Vorausgesetzt, Sie verkaufen alle diese Produkte ohne Warenverlust, wäre diese Position als solche irrelevant, weil sie ja die Grundlage des damit erzielten Gewinns darstellt. Mit Lagerkosten ist ein anderer Zusammenhang gemeint. Um die Betriebsbereitschaft zu gewährleisten, müssen Sie ständig eine gewisse Menge dieses Warensortiments auf Vorrat halten. Spätestens bei der jährlichen Inventur werden Sie feststellen, dass hier eine beträchtliche Summe zusammenkommt, die auch bei kleineren Betrieben schnell höhere vierstellige Werte erreicht. Dieses Geld ist im Lagerbestand gebunden, Sie können davon weder Löhne noch Steuern bezahlen noch ihre Familie zum halbjährlichen Abendessen einladen. Ein Gegenpol zu einer sehr großen Variationsbreite ihrer Speisekarte liegt also im Lagerbestand, den sie verursacht.

Sie sollten diesem Umstand sicher nicht das hauptsächliche Augenmerk widmen und sich schon gar nicht in ihrer Fantasie einschränken lassen. Es lohnt sich aber, die geplante Karte unter diesem Gesichtspunkt zu durchforsten. Ein Beispiel: Früher war es auch in kleineren Häusern verbreitet, aus Prestigegründen Champagner in die Karte aufzunehmen, eines der teuersten Produkte der Getränkekarte, mit dem sich andererseits bei realisiertem Verkauf auch eine ansehnliche Spanne erzielen lässt (die jedoch der Kaffee auch bietet). Meistens wurde er aber nur alle drei Jahre verkauft, wenn ein junger Vater seine Protzsucht ausleben wollte, und dann war überdies die verlangte dritte Flasche nicht mehr vorrätig. Der aufgrund dieser Erfahrung nachgekaufte und auf vier Flaschen aufgestockte Vorrat wartet bis zum heutigen Tag auf die nächste Geburt.

…und von der Verkaufsfrequenz mitbestimmt

Nehmen Sie also die vergleichsweise teuren Einkaufsprodukte zumindest unter die Lupe. Soweit sie zügig abverkauft werden, also umlaufen, ist ihr Einsatz sicher sinnvoll. Teure Lagerhüter aber kosten Geld. Ein hochpreisiges Trüffelgericht auf der Standardkarte mag prestigefördernd sein. Wenn Sie jedoch den schönen Trüffel am Ende regelmäßig selber essen, bevor er verdirbt, ist das schön für ihren Gaumen und eine Katastrophe für ihren Geldbeutel. Die Vorratshaltung von drei verschiedenen, auch hochklassigen Nudelsorten dagegen wird ihren Geldbeutel eher wenig belasten.

Ein verbreitetes Groschengrab ist die Spirituosenabteilung. Im Vergleich zur Wasserflasche kostet ein guter Obstbrand natürlich schon Geld, wird das Budget aber noch nicht überstrapazieren. Ein ganzes Schnapsregal dagegen schon. Überlegen Sie sich gut, ob Sie wirklich eine zweiseitige Spirituosenkarte benötigen und die Abteilung „Kräuter“ tatsächlich Ramazzotti, Averna, Fernet, Jäger, Underberg usf. gleichzeitig anbieten muss. Die meisten Kunden akzeptieren Alternativen und Sie fahren vermutlich besser, hier konzeptorientierte Glanzlichter zu setzen wie den heimischen Klosterlikör. Zudem können Sie ja die hoffentlich wachsenden Vorlieben ihrer Stammkundschaft auch befriedigen, ohne diese Artikel in ihre Standardkarte schreiben zu müssen. Was da gelistet ist, muss auch am Lager sein. Das bedeutet aber nicht, dass Sie keinen anderen Artikel anbieten dürfen.

Natürlich soll dies nicht zum totalen Kahlschlag führen, beispielbezogen erwartet der Kunde schon ein gewisses Grundangebot an klaren Schnäpsen, Kräuterlikör, Cognac, Rum und Grappa, konzeptbezogene Spezialitäten ohnehin. Wie sehr aber Sie hier in die Breite gehen, sollte unter dem Gesichtspunkt Lagerkosten und Verkaufsgeschwindigkeit der Produkte kritisch analysiert werden und bei Unsicherheit auf ein mögliches Zusatzangebot außerhalb der Standardkarte verwiesen werden. Dasselbe gilt natürlich für alle weiteren Bereiche der Speisekarte.

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