Verein zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs in der Nahrungsmittel- und Gastronomiebranche (VBuW), der weiße Ritter der Branche?

Abmahnungen können tatsächlich auch in der Gastronomie Sinn machen, um die Korrektur eines Fehlverhaltens zu erzwingen, soweit es direkt einen Wettbewerber bevorteilt. Bezüglich einer kürzlich von diesem Verein ausgesprochenen Abmahnung ist das aber nicht der Fall, so dass sich die Frage nach den Hintergründen stellt. Diese aber nähren durchaus den Verdacht, dass hier unliebsame Kleinkonkurrenten bedrängt werden sollen oder eine familiäre Gelddruckmaschine ihren Anfang nimmt.

Dieser Verein hat die im vorherigen Artikel angesprochene Abmahnung verschickt. Außer meinem Bremerhavener Kunden habe ich zumindest im Internet noch keine anderen Betroffenen entdecken können, was nichts heißen muss. Vielleicht sind sie bei alphabetischer Abarbeitung erst bei Bremerhaven angelangt. Die Anschreiben des Vereins umreißen die dargestellte Rechtslage gut, so dass manche Kollegen vermutlich lieber die zuerst verlangten knapp 200€ Abmahngebühr bezahlt und eine Unterlassungserklärung unterschrieben haben.

Tatsächlich verweist der Verein bereits im ersten Anschreiben auf die Mitgliedschaft einiger größerer Pizzalieferdienste und auf seiner Homepage darauf, wie sehr er sich zukünftig für gleichartige Wettbewerbsbedingungen in der Branche einzusetzen gedenkt. Besonders die Einhaltung des Mindestlohns sei ihm ein Anliegen, was er auch durch ein weiteres Abmahnverfahren bereits bezeugt haben will. Diese Anliegen wurden auch über Medienagenturen im Februar 2015 geschickt in der Presse platziert.

Zumindest zu den aktuell abgemahnten Versäumnissen fehlender Grundpreisangaben findet sich auf der Homepage des Vereins im Januar allerdings kein einziger Hinweis, Aufklärung oder ähnliches, obwohl ihm doch die gleichseitige Einhaltung von Regeln so wichtig ist. Wohlverstanden: Auch ich bringe für Lohndumping, Trinkgeldbeschneidung oder Schwarzgastronomie keinerlei Verständnis auf und werde dagegen ankämpfen. Ich stelle diese Themen aber dar und versuche, darüber ausgleichend zu informieren. Hier steht dagegen zu befürchten, dass eine gut aufgestellte Gelddruckmaschine ihren Anfang nehmen soll.

Vereinsgründung zur Ausgrenzung lästiger Kleinkonkurrenz…

Natürlich handelt es sich nur um einen Verdacht. Der Verein setzt sich lt. Beitragsordnung zusammen aus so genannten Vollmitgliedern, deren Beitrag sich aus ihren Systemumsätzen errechnet, mindestens aber einen Jahresbeitrag von 5000 € verlangt. Das dürften die auf der Startseite namentlich genannten Hauptsponsoren sein, sämtlich größere Ketten oder Franchise-Geber. Daneben gibt es noch Unternehmer-Mitglieder mit Monatsbeiträgen von 29,90 € (Preise wie im Supermarkt, vermutlich weiß der Jurist warum). Angesichts dieser Diskrepanzen und dem Wissen, dass kein Kleingastronom sich einen Jahresbeitrag von 5000 € leisten kann, fragt sich der unbefangene Beobachter schon, ob hier nicht vielleicht erworbene finanzielle Marktmacht auch ein wenig dazu benutzt werden könnte, lästige Kleinkonkurrenten etwas unter Druck zu setzen und deren fehlende Informationsmöglichkeit über ziemlich spezielle und daher kaum öffentlich wahrgenommene BGH-Urteile auszunutzen.

Auch hier sei nochmals klargestellt: Ganz unbestritten gibt es auch gerade Kleinbetriebe, die sich wegen Nichtbeachtung geltender Regeln besonders des Arbeits- und Sozialrechts eigene Kostenvorteile verschaffen, wegen denen sie auch Preise anbieten (könnten), welche die Konkurrenz Schaudern macht. Gerade größere Ketten stehen unter anderer Beobachtung und können sich nur mit Wettbewerbsklagen oder Abmahnungen schützen. Das wäre auch legitim.

Die abgemahnten Mängel bei der Preisangabe verschaffen aber niemanden einen Wettbewerbsvorteil und haben noch niemanden ernsthaft geschädigt. Die Vorstellung, jemand würde seine Pizzabestellung davon abhängig machen, ob der Liter-Preis des hinzubestellten Eisdesserts um drei Cent unter dem der Konkurrenz liegt, ist schlichtweg abstrus.

Grundlage der Abmahnungen dagegen ist ein kaum beachtetes BGH-Urteil, das nicht einmal den mit der Kontrolle gerade auch der Preisangaben betrauten Überwachungsbehörden ausreichend bekannt zu sein scheint. Sonst hätte nicht jeder Bundesbürger bis heute entsprechende Flyer seiner Lieferdienste in der Schublade, bei denen kein einziger einen Grundpreis angibt (eigene Stichkontrolle: Null von fünfzehn).

…oder gar familiäre Gelddruckmaschine?

Eine einfache Internet-Recherche hat noch weitere Seltsamkeiten zutage gefördert, was Verhalten und Umfeld dieses weißen Ritters der Pizzagerechtigkeit betrifft. Ab Absendedatum wurde dem Betroffenen eine Frist von 6 Tagen eingeräumt, Unterlassungserklärung und die erste Kostennote zu erledigen. Letztere kommt mit fast 200 € noch eher günstig daher und ist auch ausführlich mit recherchierten Beispielen aus ausgegebenen Werbetexten untermauert. Vermutlich ist sie also gerichtsfest (kein Serienbrief) genauso wie die grundsätzliche Klagebefugnis des Vereins. Für den juristisch unkundigen Kleingastronomen bleibt kaum Zeit, sich zu orientieren.

Unterzeichnet ist sie von der Geschäftsführerin des Vereins, einer Rechtsanwältin Nicole Thomas. Unser Kollege hat nicht bezahlt, sondern noch in gutem Glauben zurückgefaxt, dass er den Mangel beheben werde. Daraufhin kam prompt eine Kostennote der Anwaltskanzlei, die ankündigungsgemäß vom Verein mit dem weiteren Fortgang beauftragt worden ist, die Kanzlei Rosenberger&Koch. Es handelt sich hier um eine Sozietät, die ihrem Internetauftritt nach zu schließen hauptsächlich in Hamburg und Dresden tätig ist. In Berlin hat sie genau einen Mitarbeiter, einen Herrn Jörg Thomas. Der hat mit dem Verein  unter dem Deckmantel der Kanzlei anscheinend nichts zu tun. Seltsamerweise aber haben die Rechtsanwälte Nicole Thomas (Geschäftsführerin)  und Jörg Thomas (Eintreiber)  in der Reinhartstrasse 17 zu Berlin dieselbe (Geschäfts?) Adresse. Das kann natürlich reiner Zufall sein. Vielleicht haben aber hier Eheleute oder Geschwister bei allem gut gemachten Firlefanz außen rum einfach vergessen, ursprüngliche Wurzeln eines Familienunternehmens doch noch wirksam zu verdecken.

Das mag den hehren Verein in etwas anderem Licht erscheinen lassen. Leider ändert  es aber nichts daran, dass Abmahnungen aus dieser Richtung vordergründig eine Rechtsgrundlage haben und das Entgegensetzen einer Klage für jeden Kleingastronomen schwierig und teuer sein dürfte.

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