Wie verschaffe ich mir ein erstes Kalkulationsgerüst?

Eine der meist gestellten Fragen in einschlägigen Ratgeberforen lautet: Ich oder jemand möchte eine Kneipe eröffnen. Wie bekomme ich heraus, ob das funktionieren kann? Anders gefragt, nach welchen Kalkulationsgrundlagen wird in der Gastronomie gearbeitet?

Ob ein solches Projekt letztlich tragfähig ist, hängt allerdings von anderen Faktoren ab, nämlich dem Betriebskonzept, den Marktfaktoren, der persönlichen Eignung und dem unbedingten Willen, seine Ideen auch durchzusetzen. Die Kalkulation kann nur dazu dienen, einen Möglichkeitenrahmen in Zahlen abzubilden und damit auch eine von mehreren Entscheidungsgrundlagen abzugeben.

Ich kann nur eindringlich davor warnen, das Projekt „eigene Kneipe“ gerade schon in der Vorbereitungsphase ohne kompetente Hilfe anzugehen, gerade wenn Sie branchenfremd und/oder in wirtschaftlich-kalkulatorischer Hinsicht nicht gut bewandert sind. Dies nicht nur, weil ich selbst neben unzähligen Anderen mein Geld mit solchen Beratungen verdiene. Das meiste Geld müssen Sie in der Einstiegsphase investieren, und es ist in den meisten Fällen ihr eigenes aus Ersparnissen oder Rücklagen, weil die Banken Ihnen für Gastronomie nur bei entsprechenden Sicherheiten eines leihen werden. Fehleinschätzungen in dieser Anfangszeit können Sie also schnell in die Situation bringen, ihr gesamtes, bisher erarbeitetes Vermögen in den Sand gesetzt zu haben. Von den mittlerweile um mich herum durch solche Blauäugigkeit verbrannten Zehntausendern könnte ich mir locker mehrere Einfamilienhäuser bauen.

Andererseits müssen Sie auch mit fremder Hilfe oder für eine erste Selbsteinschätzung zumindest die Grundlagen einer gastronomischen Grundkalkulation kennen und beurteilen können. Nur dazu soll Ihnen dieser Artikel verhelfen. Er ist keinesfalls ein Leitfaden zur Erstellung ihrer individuellen Betriebskalkulation oder zur Formulierung des betriebswirtschaftlichen Teils ihres Businessplans.

Kostenstruktur in der Gastronomie…

Zunächst machen wir eines, was Sie vermutlich auch selbst versuchen würden: Wir gehen zum Wirt unseres Vertrauens und sagen: „Hey, mir kannst es doch sagen, wie ist denn das bei Dir? Auf was muss ich mich einstellen?“ Der wird uns allerdings nur müde anlächeln, genauso wie es Statistikämter und Gaststättenverbände tun. Betriebskostenvergleiche, besonders aktuelle, sind nur gegen Bares zu erhalten. Dabei haben sich diese Grobzahlen über Jahre kaum verändert und verbergen wahrlich keine großen Geheimnisse. Die folgenden Zahlen stammen aus einer öffentlich finanzierten Studie des Landes Sachsen, ähnlich auch Ermittlungen einer Privatseite. Sie entsprechen auch meinen eigenen, langjährigen Erfahrungen.

Im hier gewählten Beispiel beziehen sie sich auf Pachtbetriebe mit einem Umsatz bis 150000 €, die als Gaststätte geführt werden, entsprechende Zahlen für andere gastgewerbliche Betriebsformen sind dort ebenfalls zu finden. Das Beispiel soll erläutern, wie uns solche Kostenstrukturwerte für eine eigene Vorkalkulation helfen können. Sie entsprechen ungefähr den langjährigen Richtwerten der Statistik, sind aber eben nicht als allgemeine Vorgaben misszuverstehen!

kostenstruktur gastronomie


… als erster Ansatz für eigenes Kalkulationsgerüst

Die im Bild dargestellten Zahlen dienen uns also als erstes, durchaus realistisches Beispiel für eigene Kalkulationen. Die „großen“ Blöcke wie Waren, Miete, Energie und Personal verändern sich auch unter anderen Konstellationen nur durch Prozentpunkte, nicht aber in ihrer grundsätzlichen Bedeutung(es sei denn, Sie sind in der glücklichen Lage, eigene Räumlichkeiten nutzen zu können).

Die Frage ist nun, was können wir mit diesen Zahlen anfangen? :

  • Einkommenserwartung und Mehrwertsteuer

    Zunächst sollten wir einem Punkt Aufmerksamkeit widmen, der nicht so offensichtlich, dennoch aber schwerwiegend ist. Als Betriebsergebnis haben diese Beispielbetriebe einen durchschnittlichen Wert von 15 % des Jahresumsatzes erreicht. Soweit wir uns in diese Kategorie einordnen und von einem eigenen, erreichbaren Jahresumsatz von 120.000 € ausgehen wollen, ergibt das ein Jahreseinkommen von 18.000 € für den Betreiber, aus dem er noch im Gegensatz zum Arbeitnehmer seine Krankenversicherung, Zukunftssicherung und Steuern bestreiten muss. Nicht eben die goldene Ente bei einer zu erwartenden Arbeitsbelastung, die locker die 80Std.-Woche ankratzen könnte!

    Ja, aber da lassen sich ja noch einige Stellschräubchen drehen, werden Sie jetzt sagen. Wir erhöhen den Umsatz, brauchen kein Personal, und die Pacht ist auch viel billiger zu haben. Das ist richtig, deswegen befassen wir uns ja mit der Kalkulation. Sie sollten sich solche Durchschnittszahlen aber durchaus als reale Möglichkeit vor Augen halten und für sich selbst gute Argumente haben, warum Sie selbst sich so positiv davon abheben könnten.

    Was gerade bei finanztechnischen Neulingen gerne übersehen wird, ist das Problem der Mehrwertsteuer. Diese Kennzahlen beruhen auf Nettowerten, also ohne Umsatzsteuer. Wenn Sie sich ein realistisches Bild machen wollen, welche Umsätze Sie erzielen müssen, bedeutet dies einen wesentlichen Unterschied. Nehmen wir also an, Sie haben beschlossen, wegen einer minimalen Einkommenserwartung von 30.000 € werden Sie einen Jahresumsatz von 200.000 € erwirtschaften, dann bedeutet das einen geplanten Verkaufserlös von 238.000 € (Umsatz plus 19 % MWSt, die Sie ja nur für den Staat einziehen). Bei angenommen 300 Betriebstagen im Jahr wären das Tagesumsätze von 790 € statt netto 670 €. Das Beispiel soll Ihnen nur aufzeigen, dass es sich nicht nur um ein paar Bier mehr oder weniger dreht, wenn Sie bei der Umsetzung solcher Planungszahlen auf ihr eigenes Geschäftsmodell Fehler machen bezüglich der Berücksichtigung der Umsatzsteuer.

  • Planzahlen und Zielzahlen (beeinflussbar oder nicht)

    Weiter unterliegen einige der dargestellten Kostengruppen ziemlich direkt ihrer Kontrolle und Steuerungsmöglichkeit (gelb dargestellt), andere (rot unterlegt) dagegen meist nicht. Das hat direkten Einfluss auf die Art und Weise, wie wir in unserer Vorkalkulation damit umgehen.

    Waren- und Personaleinsatz bestimmen Sie über Preisgestaltung und eigenen Arbeitseinsatz ganz alleine. Grenzen sind Ihnen nur dadurch gesetzt, dass Sie sich nicht teilen können und ihre Kunden keine Fantasiepreise akzeptieren werden. Ansonsten aber befinden wir uns hier in dem Bereich, in dem Sie eine Vorkalkulation durch eigenes Gestalten beeinflussen können. Hier können Sie also planen und eine eigene Variationsbreite ausnutzen.

    Gerade die Mietkosten wie im Gefolge die Energiekosten können Sie jedoch nur in begrenztem Rahmen gestalten. Die geforderte Pacht für ihr Wunschobjekt wird nur in engen Grenzen verhandelbar sein. Sie wird insofern zu einer Zielzahl, die ein direktes Umsatzziel produziert. Eine vereinbarte Jahresnettopacht von 12.000 € zzgl. MWSt bedeutet für Sie nach der beispielgebenden Kostenstruktur von 10%, dass Sie für ein wirtschaftlich positives Ergebnis einen Jahresumsatz von mindestens 120.000 € erwirtschaften müssen.

    In der Grauzone dazwischen werden Sie Zinsen für nötiges Kapital und Abschreibungen auf nötige Investitionen, Steuern und Abgaben weniger bestimmen können, bei Werbung, Verwaltung und allgemeinen Betriebskosten aber eher noch eigenen Spielraum haben.

  • Miete und Energie

    Mit diesem Teil fängt es gewöhnlich an, ohne Objekt keine Gastronomie. Entweder Sie haben bereits ein Objekt im Auge, das Sie bewirtschaften wollen, oder Sie haben ein Konzept, für das Sie ein geeignetes Objekt suchen. In beiden Fällen hilft die erwähnte 10%-Faustregel weiter. Nach der allgemeinen Kostenstruktur müssen Sie realistische Aussichten haben, den geforderten Pachtzins mit ihrem Umsatz verzehnfachen zu können. Andernfalls sollten Sie entweder nach einem anderen Objekt suchen oder vernünftige Möglichkeiten finden, höhere Kosten an anderer Stelle hereinwirtschaften zu können.

    Die dabei zusätzlich angesetzten Nebenkosten betreffen meistens Vorauszahlungen auf Energie. Enthaltene allgemeine Betriebskosten wie Hausmeister oder Müllabfuhr machen normalerweise einen zu vernachlässigenden Anteil aus. Nicht ohne Grund werden Energiekosten mittlerweile als „zweite Pacht“ bezeichnet, und daher sollten Sie diesem Aspekt auch dieselbe Aufmerksamkeit widmen wie der Pacht selbst. Vergewissern Sie sich, welche Stromkosten voraussichtlich auf Sie zukommen werden, wie das Gas abgerechnet wird und welche Heizkosten in den letzten Jahren unter vergleichbaren Nutzungsbedingungen zustande gekommen sind. In Zeiten rasant wechselnder Pachtverhältnisse kommen nicht wenige Vermieter auf die Idee, vermeintlich günstige Pachtbedingungen später durch bombastische Nebenkostenabrechnungen für sich selbst nachträglich aufzuwerten. Nachdem wir hier aber bereits in einem ansehnlichen Kostenblock liegen, können spätere Nachzahlungen in empfindlicher Höhe auch fatale Folgen haben, und dann ist es zu spät.

    Ein dritter, versteckter Kostenfaktor des Pachtobjekts liegt in der Frage der Brauereibindung und sonstiger Vertragsfreiheit verborgen. Es ist verbreitete Praxis in der Gastronomie, dass Ihnen der Pachtvertrag die Bindung an bestimmte Brauereien, Lieferanten oder Automatenaufsteller abverlangt. In diesem Fall schöpft der Vermieter Provisionen über Rahmenverträge ab, die für Sie mindestens einen Wettbewerbsnachteil bedeuten, weil Sie Einkaufspreise oder andere Aktionsmöglichkeiten nicht mehr frei verhandeln können. Speziell die Unterschiede beim Einkaufspreis sowie die dann auch ausbleibende Möglichkeit, sich über Nebenabreden (eigene Brauereidarlehen, Werbekostenzuschüsse, Hilfe bei der Einrichtung) Verhandlungsvorteile zu verschaffen, können für Sie eklatante Kostennachteile bedeuten. Ein entsprechender Passus im Pachtvertrag sollte also ihre Alarmglocken klingeln lassen und der vereinbarte Pachtzins jedenfalls entsprechend ihrer Nachteile günstiger ausfallen als bei vergleichbaren Alternativen, soweit sie vorhanden sind.

  • Finanzwirtschaftliche und steuerliche Nebenkosten

    Diese Punkte machen nicht gerade den Schwerpunkt der Kostenstruktur aus. Deshalb mag man geneigt sein, diese Dinge im Rahmen einer Vorkalkulation zu vernachlässigen und einfach die Durchschnittswerte übernehmen. Steuern und Abgaben sind für den Laien schwer zu schätzen, und auch das Versicherungspaket ist nur eingeschränkt verhandelbar. Zumindest um eine Sach- und Betriebshaftpflicht werden Sie nicht herumkommen, wenn Sie die Zukunft nicht ständig am Rande des Harakiri begehen wollen.

    Eine andere Frage ist die Zinsbelastung. Sie werden kaum ohne den Einsatz von Kapital auskommen, wenn Sie die eigene Kneipe angehen wollen, egal, wo es herkommt. Der niedrige Faktor von 3% in der gesamten Kostenstruktur mag dazu verleiten, diesen zu vernachlässigen. Dabei unterschätzen aber viele die Kapitalströme, welche hinter dieser Zinsbelastung stehen und ihnen schnell das Genick brechen könnten. Soweit es sich um eigenes oder zumindest familiäres Geld handelt, können Sie sich vorlügen, es sei ja zinsfrei. Dabei übersehen Sie aber, dass dieses Geld am freien Kapitalmarkt sicher und verzinslich angelegt werden könnte, während es so in ihrem Betrieb gebunden ist und Sie zu schwerer körperlicher Arbeit zwingt, um seinen Bestand zu erhalten. Diesen Unterschied nicht zu kalkulieren, verursacht zwar keinen unmittelbaren Schaden, kann aber zu erheblichen Fehlentscheidungen bezüglich ihrer Rentabilität und damit langfristig zum Verlust des Kapitals führen.

    In jedem Fall sollten Sie also diese Zinsbelastung ehrlich prüfen. Sollte diese nämlich die im Beispiel gesetzte Marke von 3% der Gesamtkosten sehr deutlich (also um ein Mehrfaches) überschreiten, bedeutet dies ein eklatantes Risiko für Rentabilität und Sicherheit des dafür verbrauchten Kapitals.

    Eine ähnliche Sichtweise gilt für Abschreibungen. Mit dieser Größe werden ja „nur“ die von Ihnen getätigten Gesamtinvestitionen für den Aufbau des Projekts Kneipe auf dem Papier über die nächsten Jahre verteilt. Das Geld dafür fließt nur zu Anfang und nur dann, wenn Sie es auch haben. Insoweit mag man geneigt sein, diesen Kostenfaktor für die Folgejahre als betriebswirtschaftliche Trickserei zu unterschlagen. Doch gilt hier dasselbe wie für die Zinsen: Sollte diese Position, ehrlich berechnet, deutlich höher sein als in der Normalstruktur, kann dies ein Indiz dafür sein, dass Sie auf dem besten Wege sind, sich finanziell zu überheben.

  • Allgemeine Betriebskosten, Werbung und Verwaltung

    Zusammen genommen macht dieser Bereich in unserer Liste wiederum 10 % aus und hat damit vordergründig eine ähnliche Bedeutung wie die Pacht. Zudem scheint hier ein deutlich größerer Spielraum zu bestehen, der Luft zu geben könnte, falls andere Kostenfaktoren höher ausfallen als im Schema erwünscht. Putzen und Schnee räumen kann man im Notfall selber, Werbung im Internet geht auch für lau und Verwaltung lassen wir ganz weg. Schon ist eine höhere Pacht und/oder Zinsbelastung ausgeglichen!

    Auch hier gilt: Lügen Sie sich nicht in die Tasche! Ohne einen Steuerberater werden letztlich nur sehr versierte Gastronomen in spe auskommen. KfZ-Kosten kann man natürlich gestalten, ein gewisses Prestigedenken führt aber gerade in diesem Bereich wider besseren Wissens oft dazu, auf den Putz zu hauen und das eigene, gebrauchte Auto durch ein hochklassiges Leasingfahrzeug zu ersetzen. Putzen kann man natürlich selber, die Mittel dazu müssen aber dennoch gekauft werden und kosten durchaus Geld. Und auf Werbung zu verzichten, weil die geplante Kostenstruktur dafür keine Mittel mehr hergibt, kann der erste Schritt ins Grab sein.

    In diesem Bereich können Sie andererseits ihre eigenen Kenntnisse und praktischen Einblicke einbringen, um eine eigene, sehr konkrete Kostenstruktur zu entwerfen, die sich vom allgemeinen Schema abhebt. Verschwinden wird die Position deswegen nicht und Sie sollten nicht der Versuchung erliegen, sie sich einfach passend schönzurechnen. Hier sind auch viele Kleinkosten versteckt, an die der Neuling nicht unbedingt denkt wie Betriebskosten der Schankanlage, Unterhalt der Kaffeemaschine, Wäsche und diverses Kleinvieh, das in der Summe aber durchaus Mist macht.

  • Personalkosten

    Jetzt ist der erste Punkt erreicht, wo wir selber mal richtig an der Schraube drehen können. Personal, so können Sie sich sagen, gibt es nicht. Zumindest nicht so lange ich nicht im grünen Bereich bin. Die oben angesetzten 17 % Kostenanteil streiche ich selber ein und verdoppele damit das anfangs geschätzte Einkommen von 18.000 auf 36.000 €.

    Für manche Kneipenkonzepte mag das auch funktionieren. Wenn Sie beispielsweise ins Auge fassen, lediglich Getränke und belegte Semmeln anzubieten und einen Nettoumsatz von 120.000 € erzielen möchten, im Jahr nur 25 Tage frei machen und an allen anderen Tagen 10 Stunden in ihrer Kneipe stehen, können Sie sich ausrechnen, „nur“ etwa 15 Einheiten pro Stunde verkaufen zu müssen, um auf einen grünen Zweig zu kommen. Klingt doch machbar. Krank, Urlaub, Unfall, Familie fällt halt flach.

    Für ein Speiselokal führen solche Rechenbeispiele je nach Vorstellung über Ruhetage und andere Faktoren zu durchschnittlichen Tagesumsätzen zwischen 400 und 500 €. Die werden Sie alleine zumindest nicht immer zur Zufriedenheit ihrer Kunden kochen und bedienen können. Andererseits ist ein monatlicher Personalkostenanteil von 1.700 €, der ja auch die Personalnebenkosten bedienen muss, nicht die Welt. Für einen Festangestellten oder drei Aushilfen könnte es gerade reichen, wenn Sie zur Lohnsparsau werden, was andererseits nicht gerade für hochqualifiziertes Personal spricht.

    Jetzt wird es sehr konkret. Möglicherweise können Sie ihre Vorstellungen von optimalem Personaleinsatz verwirklichen ab einem Budget von 2.000 €, dann müssen Sie eben von realistischen 150.000 € Jahresumsatz ausgehen können, was mit gutem Personal vielleicht auch zu erwirtschaften ist. Oder Sie kürzen ihr Konzept so weit herunter, dass Sie es doch alleine bewirtschaften können, haben dafür auch keinen hohen Druck, bestimmte Zielzahlen unbedingt erreichen zu müssen.

    Hier kommt erstmals ihre eigene, konkrete Vorstellung vom Betriebsgeschehen mit geplanten Zahlen zusammen und hier verursachen diese Vorstellungen erstmals vorhersehbare Kosten, die nur von ihren Planungen abhängen und ihre eigenen Einkommensverhältnisse direkt beeinflussen. Hier ist also eine pauschale Übernahme von Vorgabewerten fehl am Platz. Vielmehr sollten Sie sich ausführlich und buchstäblich beispielhaft für einen Wochen- oder Monatslauf überlegen, wie und mit welcher Kostenbesetzung Sie arbeiten müssen, um ihr Konzept verwirklichen zu können. Die daraus resultierenden Personalkosten lassen sich ziemlich gut abschätzen, vorausgesetzt, Sie können ihr Lohnangebot an den qualifizierten Mann/Frau bringen.

    Benutzen Sie familiäre Taschenlügen dabei mit Vorsicht! Die Vorstellung, in den wenigen Stoßzeiten hilft mir der Partner, Freund, Mutter, Oma, kurz aus und das genügt, mag durchaus funktionieren. In den meisten Fällen aber halten Ehen oder Freundschaften, die sich nur noch in der eigenen Kneipe und gegen Freibier abspielen, nicht besonders lange.

  • Wareneinsatz

    Im Wareneinsatz liegt ihre allmächtigste Handhabe begründet, nämlich die Preisgestaltung. Rein theoretisch könnten Sie ja sagen, diese ganzen theoretischen Kostenstrukturen sind mir wurst, ich gestalte meine Preise so, dass es am Ende für mich passt. Nur sind Sie als Gastronom in aller Regel einer ziemlich scharfen Konkurrenz ausgesetzt und können eben nicht jeden Preis verlangen, den Sie für angemessen halten, weil Ihnen nämlich sonst die Kundschaft ausbleibt, da Sie nicht Schuhbeck sind (und sogar der muss über solche Zusammenhänge nachdenken).

    Der Wareneinsatz bezeichnet den Anteil der Einkaufskosten der im verkauften Produkt enthaltenen Inhalte. Die in einem für 10 € verkauften Gericht enthaltenen Waren kosten also bei einem Wareneinsatz von 30 % wie in unserer Kostenstruktur 3,00 € (die MWSt lassen wir jetzt ausnahmsweise außer Acht). Der Kehrwert, also [1/WE], ergibt den zugehörigen Zuschlag, also 3,33. Die für 3 € eingekauften Waren müssen nach dem festgelegten Wareneinsatz mit dem Faktor 3,33 multipliziert werden, ergibt als Verkaufspreis wieder 10 €.

    Diese Aufschlagskalkulation klingt simpel, ist aber nicht ohne Konsequenzen. Gehen wir von einem ohnehin bald erreichten Einkaufspreis für eine Halbe Bier von 80 ct aus. Sie haben in Ihrer Vorkalkulation erhebliche Kostenrisiken festgestellt und daher beschlossen, den Wareneinsatz von 30 % auf 28 % zu reduzieren, um die anderen, höher gewordenen Kostenanteile auffangen zu können. Während die Halbe Bier nach dem alten Wareneinsatz von 30 % noch [0,8/0,30=] 2,67 kostete, müssen Sie nach ihren neuen Vorgaben jetzt [0,8/0,28=] 2,86 verlangen, also fast 20 ct mehr, obwohl sie die Schraube gerade mal um zwei Prozentpunkte versetzt haben und der Einkaufspreis als Begründung wegfällt.

    Natürlich werden Sie solche allgemein besonders beobachteten Preise wie beim Bier unangetastet lassen und versuchen, ihren angestrebten Wareneinsatz durch eine entsprechende Mischkalkulation mit anderen Produkten etwas unauffälliger erzielen zu können. Den Weg dazu behandelt der folgende Artikel (in Arbeit). Das Beispiel soll lediglich verdeutlichen, dass schon kleine Veränderungen in der Kostenstruktur des Wareneinkaufs ganz massiv wahrnehmbare Veränderungen ihrer Verkaufspreise bewirken, die durchaus bei ihrem Publikum über Kommen oder Wegbleiben entscheiden können. Auch hier können Sie ihren Spielraum nicht unbegrenzt austesten, wenn Sie nicht über ein konkurrenzloses Produkt verfügen, dessen Wert der Kunde zumindest nicht anhand von Preisvergleichen beurteilen kann.

  • Betriebseinnahmen

    Zunächst erscheinen weitere Aussagen zu diesem Thema trivial. Es handelt sich um den Netto-Umsatz, den Sie erreichen wollen (der Einfluss der Mehrwertsteuer wurde oben schon angesprochen). Allerdings sollte man meinen, mit höheren Betriebseinnahmen sollte auch der Erfolg steigen, und der ist ja im Rahmen einer Strukturkalkulation auf einen Prozentwert, hier 15 %, fixiert. Natürlich sind 15 % von einer Million mehr als von hundert Tausend.

    Andererseits haben steigende Einnahmen tatsächlich auch Einfluss auf die Kostenstruktur. Manche Kostenarten werden proportional zum Umsatz steigen wie Wareneinsatz, Personal- und Energiekosten. Da macht die starre Strukturrechnung Sinn. Miete, Zinsen und Abschreibungen dagegen werden eher konstant bleiben, egal, in welche Richtung sich der Umsatz entwickelt, die Betriebskosten werden nicht im selben Ausmaß steigen wie der Umsatz. Hier macht es also Sinn, bei veränderten Annahmen zum Umsatz die Werte nicht stur zu übernehmen, sondern ihren Anteil neu zu berechnen, was natürlich im Ergebnis dann meist zu einem höheren Anteil ihres Betriebsergebnisses führt. Widerstehen Sie aber der Versuchung, sich die Zahlen einfach so lange schönzurechnen, bis sie passen.

    Ein weiterer Aspekt betrifft die Herkunft der Einnahmen. Immerhin 3% beziehen die Beispielsbetriebe aus „sonstigen Einnahmen“. Meistens sind das Automatenprovisionen, Einkaufsrückvergütungen, Stellung von Werbeflächen, manchmal auch das Trinkgeld des Betreibers, soweit er selbst bedient. Natürlich sollten auch Sie selbst darüber nachdenken, ob solche Einnahmen für Sie in Frage kommen und wie hoch sie ausfallen können.

Die eigene Vorkalkulation des Gastronomieprojekts

Die Darstellungen der obigen Liste soll Ihnen nur einen Eindruck davon verschaffen, welche Kostenfaktoren jedenfalls mindestens zu berücksichtigen sind und was sie bedeuten. Das enthebt nicht der eigenen Ausarbeitung bezogen auf ihr persönliches Projekt.

Vielleicht ist dieses bereits sehr konkret geworden und sie haben ziemlich genaue Vorstellungen davon, wie sie es gestalten wollen. In diesem Fall helfen Ihnen die Zahlen aus dem Betriebsvergleich, die von Ihnen selbst entwickelten Kostenstrukturen mit den allgemeinen zu vergleichen. Bei eklatanten Abweichungen sollten diese für Sie und andere Institutionen nachvollziehbar sein. Die nur ambulante Versorgung von Betrieben und Büros mit einem Mittagstisch verursacht sicher geringere Kosten bei der Betriebsstätte und höhere bei den Betriebskosten (KfZ). Ein Mietkostenanteil von 20 % für ihr unbedingtes Wunschobjekt als Restaurant dagegen sollte Ihnen schon Sorgen machen.

Möglicherweise aber wollen Sie einen Gedanken nur durchspielen, ohne bereits ein genaues Konzept zu haben. Dann geben Ihnen solche Strukturdaten zumindest Anhaltspunkte, worauf Sie sich ungefähr einstellen sollten.

In beiden Fällen entstehen Planvorgaben, die den laufenden Betrieb ihres Projekts nach ihren gedachten Vorstellungen abbilden, keine Realitäten. Ob ihre Vorstellungen mit der Realität übereinstimmen, wird sich eben erst im laufenden Betrieb zeigen. Vor allem aber betreffen sie die Periode, nachdem Sie ihr Lokal das erste Mal geöffnet haben. Über den Kapitalaufwand, den Sie bereitstellen müssen, um erstmal dahin zu kommen, sagen sie wenig aus. Dessen Höhe und die Frage, ob Sie ihn stemmen können, müssen Sie in einer anderen Rechnung ermitteln. Dabei sollten Sie tunlichst nicht verdrängen, in der Anlaufphase evtl. auf eigenes Einkommen verzichten und bereits Kapitalkosten bedienen zu müssen, die ihr Betrieb erst zu einem späteren Zeitpunkt erwirtschaften kann.

Entscheidungen aufgrund eigener Vorkalkulationen

Andererseits dient eine möglichst realistisch durchgeführte Vorkalkulation auch als Fahrplan. Er ist ihre Seekarte, die Ihnen in der ersten Zeit nach erfolgreicher Eröffnung Klippen und Untiefen aufzeigt. Der Vergleich von tatsächlich realisierten Zahlen mit ihren ursprünglichen Vorgaben zeigt sehr schnell, wo es (noch) hakt und wo sich die Lage erfreulich entwickelt und daher verstärkt werden sollte. Das setzt natürlich voraus, bereits vor Betriebseröffnung über ein internes Abrechnungssystem zu verfügen, das solche Zahlen zeitnah liefern kann, also nicht erst nach der ersten Steuererklärung.

Diese erste, eigene Vorkalkulation ist auch nur ein Instrument unter mehreren, das Sie vor ihrer Gründungsentscheidung zu Rate ziehen müssen. Ausschlaggebend für einen späteren Unternehmenserfolg ist sicher nicht eine glanzvoll durchgerechnete Vorkalkulation, sie ist höchstens eine Grundbedingung. Ein schlüssiges Konzept, eine ehrliche Analyse des angestrebten Standorts, der Markt- und Konkurrenzverhältnisse und damit am Ende die Beantwortung der Grundfrage, wie Sie an die Kunden herankommen wollen, die am Ende ja ihren angestrebten Umsatz ins Haus bringen müssen, bezeichnet sicher den wichtigeren und schwierigeren Teil der Aufgabe, die Sie sich gestellt haben.

Ich will Sie nicht entmutigen. Der manchmal warnende bis pessimistische Unterton meiner Darstellung soll Sie nur vor Blauäugigkeit im Umgang mit dem Projekt „eigene Kneipe“ bewahren, in dem sicher großer Optimismus und Herzblut steckt. Nehmen Sie sich Zeit und surfen Sie durch die Gründerportale auch des Wirtschaftsministeriums, der Serviceseiten von Brauereien und anderer Gastronomiezulieferer sowie gastronomischer Fachseiten.

Wenn danach ihr Traum Gestalt annimmt und Sie entweder keine gastronomische Fachausbildung haben und/oder keine Grundkenntnisse in wirtschaftlicher und finanztechnischer Unternehmensführung, legen Sie lieber etwas Geld in entsprechende Hilfe an. Auch ihr Führerschein war schließlich nicht umsonst, und für diese Hilfe bekommen Sie in vielen Fällen Unterstützung vom Staat.

Danach empfehle ich Ihnen mein allgemeines Beratungsangebot in seiner ziemlich fairen und erschwinglichen Grundausstattung.

Wenn Sie vorher schon mal alleine und konkret an ihrem Konzept feilen möchten, empfehle ich Ihnen noch meine Artikel in diesem Blog über Speisekarten, deren Rechtsgrundlagen und Steuerungsfunktion. Mit dem Sonderthema Deckungsbeiträge im Rahmen betriebsbegleitender Sonderkalkulationen befasst sich der Artikel zum Thema Ruhetage. Die Artikelserie über Grundlagen der Kalkulation wird fortgesetzt mit den Thema Bestimmungsfaktoren einer Mischkalkulation zum Zweck der Ermittlung optimaler Angebotspreise.

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4 Responses to “Ich will eine Kneipe eröffnen: Kalkulationsgrundlagen der Gastronomie”
  1. Versicherung sagt:

    Ich denke das Anliegen Versicherung ist sehr essentiell und dummerweise ist die Bedeutung einiger Versicherungen nicht bei jedem in Deutschland angekommen; Geschätzt vier von fünf Deutschen besitzen eine private Haftpflichtversicherung, wie eine Beginn Februar im Geheiß der Gothaer durchgeführte Erkundung der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) ergab. Das bedeutet daher auch: Rund 15 Prozent der Deutschen habe keine einzige derartige Vorsorge und übrige zwei Prozent überblicken es nicht. Dadurch sind sich Experten wie Verbraucherschützer einig, dass die private Haftpflichtversicherung die nötigste Versicherung ist. Schaut man noch genauer hin, trübt sich das Bild weiter mächtig ein. Denn Menschen mit einem monatlichen Haushaltsnettoeinkommen von weniger als 1.000 Euro verfügen sogar nur zu gut 60 Prozent über eine private Haftpflichtpolice. Eigentlich erschreckend in unserer aufgeklärten Zeit

  2. Elisabeth sagt:

    @Versicherung - Was soll diese dümmliche Werbung für Haftpflichtversicherungen? Was hat sie zu tun mit der Kalkulationsgrundlage für Gastronomie? Menschen, die am Existenzminimum leben benötigen höchstens die Krankenkasse (AOK), und die ist sowieso Pflicht. Womit soll ein Mittelloser den haften?

    Keine PRIVATE Versicherung ist sinnvoll - mit einer Ausnahme: Haftpflichtversicherung für die Kinder von noch wohlhabenden Familien. Und selbst die müssen noch bangen, daß die Versicherung überhaupt bezahlt - bei der Armada von Winkeladvokaten, die die nur deshalb beschäftigen, um ihre Kunden um die Versicherungsleistung zu betrügen.

  3. Hermann Wagner sagt:

    Abgesehen von der Versicherungsfrage, die bereits Kontroversen verschafft, ist der Artikel köstlich amüsant und aufklärend verfasst. Kompliment!!

  4. [...] eigenen Konzepts, Grundlage sämtlicher Marketingüberlegungen, Rechnungsgrundlage der gesamten Kalkulation und Bestimmungsfaktor des gesamten Betriebsablaufs, kurz das Herzstück ihrer Gastronomie. Auch [...]

  5.  
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