Beschreibung und Deklaration: Vorschriften im Lebensmittelrecht
Posted by gastromartini in Gastronomie-Probleme und AntwortenDie rechtlich korrekte Beschreibung und Deklaration von Lebensmitteln auf der Speisekarte
Speisekarten | |
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1 | Rechtsgrundlagen |
2 | Kennzeichnungspflichten |
3 | Deklarationsvorschriften |
4 | Gliederung Speisenangebot |
5 | Gliederung Getränkekarte |
6 | Konzeptdarstellung |
7 | Zielgruppe |
8 | Lagerhaltung |
9 | Kalkulation |
10 | Betriebsorganisation (vorb) |
11 | grafische Gestaltung |
12 | Tageskarten (vorb) |
13 | Sonderveranstaltungen (vorb) |
14 | Allergenkennzeichnung |
Während Zusatzstoffe noch halbwegs schlüssig durch Studium von Etiketten ermittelt werden können, wird das Parkett noch schlüpfriger bei der Bezeichnung der angebotenen Produkte auf der Speisekarte. Die zugrunde liegenden Rechtsvorschriften sind so verschiedener Herkunft und so zahlreich, dass es Ihnen unmöglich sein wird, alle zu kennen.
Bei all diesen Vorschriften, Richtsätzen und Leitlinien sowohl aus dem deutschen wie dem europäischen Raum geht es immer darum, ganz bestimmte Produktbegriffe zu definieren, wie sie beschaffen sind, was sie beinhalten oder gerade nicht usw. Selbst wenn sie in keinem Gesetz stehen, wird ihnen durch diese Definition der Charakter einer „allgemein üblichen“ Erwartung an das definierte Produkt zugeordnet, sozusagen ein verbindliches Gutachten über eine als allgemein üblich angenomme Erwartung des Verbrauchers, wie das Produkt beschaffen sein soll. In vielen Fällen werden weder Gast noch Gastgeber diese im Paragraphendschungel vergrabenen Definitionen kennen oder gar gebräuchlich benutzen. Das aber spielt keine Rolle. Vielmehr zählt allein die sozusagen gutachterlich festgelegte allgemeine Verkehrsauffassung, und nur im Einklang mit dieser ist ein Produkt korrekt deklariert. Ein Verstoß gegen diese Bezeichnungskriterien wird regelmäßig als Verbrauchertäuschung gewertet werden.
Wichtige Deklarationsregeln für Getränke
Im Getränkebereich haben Sie noch den Vorteil, sich wiederum auf die Etiketten oder Herkunftsbeschreibungen der Lieferanten beziehen zu können, die Sie deshalb auch so wiedergeben sollten.
Im alkoholfreien Bereich sollten Sie die Unterschiede zwischen Fruchtsäften , Nektaren und Fruchtsaftgetränken kennen. Auch sind Tafelwasser und Mineralwasser nicht dasselbe. Soweit sie letztere mit einem Markennamen vertreiben, sollte die Flasche auch am Tisch serviert werden und möglichst dort geöffnet werden. Selbstverständlich ist auch eine Coca-Cola eben exakt eine solche und keinesfalls ein möglicherweise von ihnen als gleichwertig erachtetes, anderes Produkt.
Neben dem Lebensmittelrecht können hier auch geschützte Markennamen weitere Überraschungen bereithalten. Manche in den Sprachgebrauch übernommene Begriffe wie „Spezi“ oder „Red Bull“ sind tatsächlich Markennamen und dürfen nur verwendet werden, wenn Sie genau diese Produkte verkaufen . Auch hier hilft ein kritischer Blick aufs Etikett und die Verwendung des tatsächlich verkauften Produktnamens mit dem Zusatz „Colamixgetränk“ oder „taurinhaltiges Erfrischungsgetränk“.
Weine sollten möglichst genau so deklariert werden, wie sie auch Ihnen angeboten werden. Farbe, Sorte und Herkunftsland müssen Sie ohnehin angeben. Die angegebene Qualitätsbezeichnung übernehmen Sie einfach haargenau, weil im europäischen Rechtsraum schon zwischen DOC und DOCG ein himmelweiter Unterschied bestehen könnte. Wenn Sie einen Jahrgang angeben, müssen Sie diesen auch verkaufen. Bemerkenswert dabei ist, dass Sie den in der Karte angegeben Qualitätsanspruch natürlich übertreffen dürfen, nur eine geringere Qualität darf nicht abgegeben werden. Ein „Merlot – roter Landwein aus dem Veneto (Italien)“ darf so ziemlich jeder venetische Merlot sein, nur halt kein französischer. Ein 2006er Berlusconi Merlot DOC muss dagegen aus genau dieser Flasche kommen.
Beispiele für Deklarationsregeln im Speisenangebot
Im Speisenbereich wird es noch schwieriger. Im Deutschen Lebensmittelbuch werden nämlich Lebensmittelbezeichnungen definiert, die den gesetzlichen Charakter der oben dargestellten, amtlich festgestellten Verbrauchererwartung erfüllen. Allein die hier beispielhaft herausgegriffenen Leitsätze Fleischverarbeitung umfassen 68 Seiten, in denen aber interessante Aspekte vergraben sind, deren auch unabsichtliche Missachtung Sie teuer zu stehen kommen kann. Nur einige Beispiele:
- „Wiener Schnitzel“ und „Cordon bleu“ werden ohne weiteren Erklärungszusatz prinzipiell als Kalbsschnitzel erwartet. Verwendung von Schweinefleisch muss durch die Variante „Wiener Art“ und/oder „vom Schwein“ ausdrücklich gekennzeichnet sein. Auch weitere Schnitzelsorten sind hier unter 2.508 genau definiert, so wie auch das Verhältnis von Panade zu Fleisch. Auch wenn das von Ihnen seit Kindertagen so gekannte Wiener (Schweine)schnitzel in einer Gegend verkaufen, in der sich noch nie jemand Kalbfleisch leisten konnte: Deklarieren Sie exakt!
- Der Begriff „Schinken“ ohne weitere Zusätze gebraucht, bezeichnet in der amtlichen Kundenerwartung einen Hinterschinken vom Schwein. Die Verwendung eines Vorder- oder gar Formschinkens ohne ausdrückliche Deklaration kann eine Kundentäuschung bedeuten, und sei es nur auf der Pizza (2.33 Leitsätze).
- Für die Münchner Weißwurst wie auch die Hannoveraner Weißwurst, das Roastbeef, das Gulasch, den Sauerbraten und einen Rahmbraten, der ohne weitere Deklaration vom Kalb sein muss, sind hier Grundsätzlichkeiten definiert, die Sie nicht immer erahnen, trotzdem aber eine Rolle spielen können.
- Verbreitete und unbeabsichtigte Fehler kommen bei der Deklaration von Käse(sorten) vor, besonders bei den beliebten Schafskäse-Varianten wie dem „Griechischen Bauernsalat“, Mozzarella-Variationen o.ä. Natürlich gilt auch hier: Versprochene Original-Qualität muss auch eingehalten werden. Wer allerdings die neueren „Erfindungen“ wie Analog-Käse in die Hand nimmt, sollte besser erst gar keine Speisekarte schreiben.
- Auch das Eis auf der Dessertkarte ist nicht einfach Eis.
Selbsthilfe im Dschungel der Deklarationsgrundsätze
Ähnliche Begriffsgrundsätze sind in etwa 20 weiteren Richtlinienkatalogen für andere Produktfamilien definiert. Hinzu kommt das europäische Recht mit diversen regionalen Ausnahmen und Namensschutzvorschriften, vom Markenrecht ganz zu schweigen. Für den einzelnen Gastwirt ist es schlicht unmöglich, sich hier einen umfassenden Überblick zu verschaffen, auch wenn eine Durchsicht des Lebensmittelbuchs niemand schadet. Sie brauchen sich deshalb aber nicht in den gesetzlich geschützten Bocksbeutel jagen zu lassen. Auf grundsätzliche, eklatante Fehler über die oben genannten, häufigsten hinaus wird Sie die zuständige Gewerbeaufsicht bei Nachfrage hinweisen. Fassen Sie also die Aufsichtsbehörden nicht nur als ihren natürlichen Feind auf, sondern lassen Sie sich helfen.
Beschreiben Sie ihre Gerichte so genau wie möglich Eine genaue Produktbeschreibung hilft nicht nur ihrer eigenen Absicherung, sondern wird auch dem Kunden bereits beim Lesen das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen. Eine ausführliche Beschreibung ihres Grilltellers samt Inhalt und Beilagen schafft Vorfreude bereits beim Lesen, während der Terminus „Grillteller Acapulco“ nicht viel mehr bedeutet als „viel Fleisch, irgendwie“.
Beachten Sie vor allen Dingen auch die Produktauszeichnungen ihrer Einkaufsprodukte, besonders das klein Gedruckte. Der Grund, warum Sie diesen Artikel durchackern, liegt ja darin, dass Ihnen potentielle Verbrauchertäuschung vorgeworfen werden könnte. Wie man aber Verbraucher durch politisch gedeckte Worthülsen tatsächlich über kleine Stolpersteine hinwegtäuscht, lernen Sie erst durch das Kleingedruckte auf ihren eingekauften Verpackungen. Wenn dort der angepriesene Produktname irgendwie relativiert oder spezifiziert wird, sollten alle Alarmglocken klingeln.
Vertrauen Sie auf Ehrlichkeit, in der Speisekarte genauso wie in ihren mündlichen Aussagen. Wenn ein Gast nach bestimmten Inhaltsstoffen wie Alkohol, Knoblauch, Glutamat oder Milchprodukten ausdrücklich fragt, tut er dies meist nicht aus Jux und Tollerei. Sie selbst, vor allem aber auch ihr Personal, sollten solchen Fragen jederzeit kompetent und wahrheitsgemäß beantworten können und sie notfalls durch genaue Rückfrage klären. Die dargestellten Rechtsgrundlagen sind nämlich nicht nur lästiger Papierkram, sondern auch Teil einer Fürsorge- und Aufklärungspflicht, die Sie sich und ihren Gästen schuldig sind.
Tags: Lebensmittelüberwachung, Speisekarte
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