Schaffen Smileys Verbrauchertransparenz und sichern Hygienestandards?

Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner will das Simley-Prinzip für Gaststätten und Restaurants einführen, das Verbraucher über die Einhaltung der Standards von Hygiene und Lebensmittelbehandlung objektiv informieren soll. Ist ein solcher Gaststätten-TÜV aber tatsächlich eine objektive Informationsquelle für den Gast und Verbraucher oder nur der scheinbar große Wurf für eine Politik, die ansonsten nichts zuwege bringt?

Ampelkennzeichnung von Lebensmitteln, die Inhalte verschleiernde Verwendung von Analogkäse und Klebeschinken, himmelschreiende und oft böswillige Täuschung des Verbrauchers bei der Verwendung des Begriffs „BIO“ trotz gleichzeitiger Malträtierung der tatsächlichen Bioerzeuger mit hyperbürokratischen und akribischen Aufzeichnungsvorschriften. Hier konnte die Politik leider nichts tun. Die Marktmacht der großen Lebensmittelkonzerne war unüberwindbar und unübersehbar, peinlich.

Da hat der Frau Aigner wohl einer ihrer Berater das Beispiel der Pankower Ekellisten gesteckt, ein Modell, mit dem Politiker sogar als kleine Bezirksräte schnell national berühmt werden, durch die Medien gereicht werden und die viel zitierte Deutungshoheit über Medien und Stammtische erlangen können, ohne viel verkehrt zu machen. Im beginnenden Jahr 2 der amtierenden schwarz-gelben Koalition ein gewichtiger Faktor.

Gastronomie-TÜV, wer verleiht das Siegel?

Erwartungsgemäß jubilieren die Medien, das Internet ebenso. Endlich ein klarer Wegweiser durch den von vorneherein als Sumpf deklarierten und deklassierten Dschungel der deutschen Gastronomie. Ein Gütesiegel, das jeder verstehen kann, der Vergleich mit der TÜV-Plakette stammt nicht von mir. Nur selten wird kritisch nachgefragt, wer wann und wie dieses Siegel verleihen soll.

Im Gegensatz zur Gefahrhaftung für ein Kfz, mit der man ein Restaurant zugegeben durchaus vergleichen kann, fährt der Gastronom nämlich nicht alle zwei Jahre beim TÜV vor und lässt sich eine neue Betriebserlaubnis erteilen. Er wird mit gutem Grund unangemeldet kontrolliert, sooft es die Kapazitäten der örtlichen Lebensmittelüberwachungsbehörde eben zulassen. Nachdem diese aber alle Lebensmittel verarbeitenden Betriebe ihres Bereichs, also auch Supermärkte, Metztgereien, Bäckereien etc. zu kontrollieren haben, geschieht dies abgesehen von der zwingend vorgeschriebenen Eröffnungsbegehung nicht besonders häufig. Nach meiner Erfahrung können die Verbraucher schon aufatmen, wenn hier der Rhythmus des TÜV eingehalten werden kann.

Dies liegt nicht am mangelnden Willen der Prüfer, sondern ganz einfach an deren miserabler personeller und materieller Ausstattung sowie an einem ständig wachsenden Wildwuchs lokaler, landesweiter, bundesweiter und zunehmend europäischer Normen, deren tatsächliche Bedeutung für den hygienischen Gesamteindruck des zu kontrollierenden Lokals zwar irrelevant sein mag, die aber dennoch erfasst werden müssen, Vorschrift ist Vorschrift. Eine halbwegs angemessene Kontrolldichte würde nach einer Schätzung des Verbands der Lebensmittelkontrolleure eine Vervierfachung des vorhandenen Personals erfordern. Das Geld für eine entsprechende Ausstattung dieser unteren Behörden mit Personal und Ressourcen mag oder kann Frau Aigner aber nicht zur Verfügung stellen.

Wenn es aber um echten Gesundheitsschutz der Bevölkerung geht, so müsste hier investiert werden. Erst wenn es um massive Gammelfleischskandale der Industrie geht, wird über dieses Thema in entsprechenden Zeitsprüngen diskutiert, weil es dann auch den Medien auffällt und große Publikumskreise betrifft. Bis dahin kann man bequem die Kleingastronomie durch Augenwischerei malträtieren, mangels besonderer Marktmacht kann die sich ja auch nicht wehren.

Der Smiley: Augenwischerei durch Vortäuschung aktueller Tatsachen

Denn nichts anderes als Augenwischerei ist der angestrebte Smiley, zumindest in der Form, wie er wohl im Schnellverfahren realisiert werden wird. Die reale Kontrollfrequenz gerade hygienisch unauffälliger gastronomischer Betriebe dürfte bei zwei Jahren liegen. In Anbetracht der galoppierenden Fluktuation bei den Betreibern, aber auch hinsichtlich der punktuellen, also zeitlich zufälligen Kontrollen gleicht der angebrachte Smiley dem Ergebnis eines Roulettespiels. Er soll aber für die nächsten zwei Jahre dem Publikum als Gütesiegel verkauft werden. Für die Politik macht das natürlich hinsichtlich glanzvoller Selbstdarstellung keinen Unterschied, sind ja auch die BIO-Siegel durch aufweichende Nebenvorschriften so entwertet worden, dass sie praktisch keine Bedeutung mehr haben. Auch hier fiel das Ergebnis erst Jahre später auf, viele echte Bioerzeuger und auch engagierte Bio-Gastronomen haben bis dahin entnervt aufgegeben und verkaufen lieber einfach „lokale Erzeugnisse“.

Für die Gastronomie und gerade die Kleinbetriebe kann diese oberflächliche Sicht allerdings zum Existenzrisiko werden. Gut arbeitende Betriebe könnten bis zu zwei Jahre warten müssen, den zukünftig als Qualitätssiegel geltenden Smiley zu erhalten und bis dahin schuldlos als Schmuddelbetrieb wahrgenommen werden. Hygienisch einwandfreie Betriebe, denen dennoch eine Summe kleinerer Mängel oder Formfehler attestiert wurde, müssen schon jetzt, ohne Smiley, bis zu einem halben Jahr auf die vereinbarte Folgekontrolle betreffs Beseitigung dieser Minimalmängel warten und dürfen sich bis dahin als gebrandmarkt ansehen.

Die Frage, was als Mangel anzusehen ist, hat nämlich im Sinne der Lebensmittelüberwachung nicht unbedingt mit der tatsächlichen Hygiene zu tun, was das applaudierende Publikum aber nicht weiß und einem einfachen Smiley auch nicht anzusehen ist. Hier geht es oft viel mehr um das Führen von Listen über Lebensmittelherkunft, Temperaturkontrollen, Aushangverpflichtungen und Speisekartendeklarationen als um tatsächlich sicht- und messbare Sauberkeit. Es spielt dabei keine Rolle, ob ein solcher europäisch angeordneter Papierwust für einen Dreimannbetrieb sinnvoll ist oder nicht, der Mangel bleibt.

Smiley ist auch kein Qualitätssiegel

Ein Vergleiche erlaubendes Qualitätssiegel wird also der Smiley nicht, selbst wenn er in Einzelfällen zu einer Steigerung der Hygiene beitragen kann. Mit einem solchen wird er aber schon jetzt kritiklos verwechselt, bevor es ihn gibt. Die Politik wird diese Überschätzung nicht aufklären. Jede Fast-food-Kette beweist, dass auch in einer als hygienischem Hochsicherheitstrakt geführten Küche Objekte produziert werden können, die mit anspruchsvoller und bewusster Ernährung nichts zu tun haben müssen. Auch Analogkäse und Pseudoschinken werden bestimmt absolut keimfrei hergestellt. Sie sind also sicher, nur ihr Qualitätsanspruch erscheint eher fragwürdig.

Gerade von grün-alternativer und foodwatch-Seite wird das Smiley-Projekt sehr unterstützt. Sie überlassen aber damit erneut dem Staat ein Feld, das dieser nicht sorgfältig genug bestellt hat, und das zu ernten er deshalb auch nicht in der Lage ist. Genau wie bei den BIO-Siegeln wird erneut eine Augenwischerei seinen Platz finden, gegen die genau ihre eigene Klientel keine Chance zur Abwehr haben wird. Gastronomische Großbetriebe werden solche Siegel schnell erhalten, die Kleinen sich dagegen im Netz der Bürokratie totwarten.

Warum funktioniert es in Dänemark?

Das beliebsteste Argument für die Einführung der Smileys.  Ich will gar nicht ausschließen, dass ein solches Prinzip grundsätzlich Sinn machen kann. An einer einwandfreien Hygiene sind sicher nicht nur die Verbraucher interessiert, sondern vor allem auch die einwandfrei arbeitenden Gastronomen, die im Gegensatz zur öffentlichen Meinung immer noch die überwiegende Mehrzahl der Betriebe abgeben.

Der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e. V. (BLL) gibt hier eine eindeutige Stellungnahme ab:

“Aus Sicht des BLL sind die in Dänemark gewährleisteten Voraussetzungen für den Betrieb des “Smiley”-Systems in den bestehenden Strukturen der amtlichen Überwachung in Deutschland nicht zu leisten. So würde es eine Abkehr vom bisherigen Kontrollansatz und eine erhebliche Aufstockung der personellen wie finanziellen Mittel auf Seiten der Bundesländer voraussetzen. Bislang werden die Lebensmittelunternehmen nach einem risikoorientierten Ansatz kontrolliert, d. h. bestimmte Betriebe werden intensiver überwacht als andere. Bei einer Einführung des dänischen “Smiley”-Systems müssten dagegen deutschlandweit kontinuierliche und zeitlich eng getaktete Kontrollen durch die amtliche Lebensmittelüberwachung für sämtliche Lebensmittelbetriebe sichergestellt werden, um zumindest halbwegs aktuelle, vergleichbare und repräsentative Ergebnisse zu liefern. Die Gleichbehandlung aller Unternehmen muss schon aus Wettbewerbsgründen gewährleistet sein.

BLL-Geschäftsführer Dr. Marcus Girnau betont: “Solange nicht klar ist, wie das dänische ‚Smiley’-System in Deutschland überhaupt umgesetzt werden könnte, werden hier Äpfel mit Birnen verglichen.“

Engmaschige und effiziente Kontrollen gibt es eben nicht zum Nulltarif, zu diesem Nulltarif aber und bei gleichzeitig gesicherter öffentlicher Meinung will die Politik hier eine Pseudo-Sicherheit zu Lasten der betroffenen Unternehmen vorgaukeln. Grüne Saubermänner und engagierte Gastronomen, die eine echte Lebensmittelkontrolle eher als Partner denn als natürlichen Feind ansehen, sollten hier ansetzen.

Die vorhandenen Sanktionen und Mechanismen reichen nämlich völlig aus, um eine hinreichende Verbrauchersicherheit zu gewährleisten. Der deutsche Ansatz der Risikoorientierung, also besonders relevante oder aber auffällig gewordene Betriebe häufiger zu kontrollieren, könnte sich dabei auch als effizienter herausstellen als die flächendeckende Allgemeinkontrolle. Woran es fehlt ist nicht eine neue oder zusätzliche Dokumentationsform, sondern die personelle und materielle Ausstattung des dazu nötigen Fachpersonals.

Zum selben Thema in diesem Blog:
Pankower Ekellisten: Transparenz oder Pranger?

Mittlerweile haben diese Vorstellungen trotz vordergründiger Diskussion das Gesetzgebungsverfahren erreicht, wo sie in noch viel allgemeinerer Form Fuss fassen sollen. Dazu aktuell hier.

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One Response to “Smileys als Qualitätssiegel für Restaurants”
  1. Stelter sagt:

    Neben dem Ekel gibt es diverse Gesetzesübertretungen vor allem in Weddinger Afrikanischen Kneipen.Z.B.im Keller ohne Lüftung mit 2meter Höhe Spiel-und Billardtische zu installiewren.Gäste die dies kritisieren werden Rausgeschmissen.Schwarzarbeit und natürlich keine gesundheitliche Überprüfung der schnell wechselnden Angestellten.

  2.  
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