Gutscheine und Coupons in der Gastronomie: Vernünftiges Werbemittel?
Posted by gastromartini in Gastronomie-Probleme und Antworten, Werbung, Marketing und KonzeptErfahrungen und Aussichten beim Einsatz von Gutscheinen und Couponsystemen in der Gastronomie
„Wer nicht wirbt, der stirbt.“ Henry Fords berühmtes Wort wird Ihnen bei jeder Gelegenheit um die Ohren gehauen, wenn ein weiterer Außendienstmitarbeiter vor ihrem Tresen steht, um sein neues Produkt, seine neue Sonderseite, Radioschaltung oder Ähnliches schmackhaft machen will. Und natürlich stimmt es nach wie vor. Die Frage ist nur, warum Sie persönlich werben wollen oder müssen und vor allem, wen Sie ansprechen wollen. Die wird aber selten geklärt, wenn ihr Gesprächspartner einfach nur Aufträge anschaffen muss.
Als im voraus bezahlte Zeche etwa für Geschenke gab es Gutscheine schon immer. Die Idee von Gutscheinen oder Coupons als sozusagen verbriefte Rabattversprechen auf Preisnachlässe sind in der Gastronomie noch relativ neu und begannen ihren Siegeszug Ende der 90iger Jahre mit zunächst noch mäßigem Erfolg. Ich habe sie von Anfang an ausprobiert, auch wenn sie erst wirklich tragfähig wurden mit dem Beginn der „Geiz ist geil“-Welle und letztlich noch etwas später mit dem Einzug des Internets in das allgemeine Privatleben. Nunmehr aber entwickeln sie eine nicht zu übersehende Dynamik, dem sich auch das Gastgewerbe nicht mehr verschließen können wird.
Der grundlegende Vorteil von Gutscheinen und Coupons hat sich dabei nicht verändert: Im Gegensatz zu Streuwerbung wie Annoncen oder Radiowerbung lernen Sie ihren Kunden in jedem Fall kennen und er muss ihr Lokal betreten. Während Streuwerbung ihren Namen bekannt macht, was sicher von Vorteil ist, verschafft Ihnen diese direkte Werbeform einen garantierten Kundenkontakt. Womit schon mal die Frage geklärt wäre, wen Sie ansprechen wollen.
Werbung für Neukunden oder Bestandskunden
Sollten Sie nämlich zu den wenigen Glücklichen gehören, die ihre erwünschten Belegungs- und Umsatzzahlen erreicht haben und diese sichern wollen, muss es Ihnen tatsächlich nur noch darum gehen, ihren Namen „am Kochen“ zu halten und die erreichte Kundenbindung zu festigen. Dann können sie sich auch die werbetechnisch vergeudeten Weihnachtsgrüße im lokalen Anzeigenblatt leisten, auch wenn ein email-Verteiler mit persönlichen Anschreiben vielleicht die bessere und günstigere Wahl wäre. Gutscheine als kleines Dankeschön können sie aber jedenfalls selbst erstellen und unters Volk bringen, Sie benötigen keinen Dienstleister dazu.
Die meisten Kollegen stehen aber vor der Situation, entweder im Rahmen ihrer Eröffnung komplett neue Kunden an Land ziehen zu müssen oder zumindest Umsatzschwächen an einzelnen Tagen oder Perioden ausgleichen zu wollen. Die Frage nach dem „wer“ und „warum“ wäre damit geklärt wie auch die Antwort, dass eine simple Streuwerbung nach dem Motto „Hallo, wir sind auch da“ wenig Erfolg bringen wird. Vielmehr muss ihr spezielles Konzept von Gastlichkeit an den Kunden gebracht werden, und das funktioniert nur, wenn Sie es ihm vor Ort anschaulich präsentieren können. Ist er überzeugt und zufrieden, wird er es weitertratschen. Den dazu nötigen direkten Kontakt versucht man über Rabattgutscheine an neue Kunden sicherzustellen.
Gutscheinbücher als Marketinginstrument der Gastronomie
Diese Idee fasste schon Ende der 90iger Jahre Fuß. Dem Kunden wird aus seiner Zeche von mindestens zwei Personen bei Vorlage seines Gutscheins das günstigste Hauptgericht erlassen. Allerdings konnten sich die damals konzipierten Coupon-Heftchen anfangs nicht wirklich durchsetzen. Erst mit der Verbreiterung der allgemeinen Informationsbasis via Internet, zunehmend einfacher werdender grafischer Gestaltungsmöglichkeiten und natürlich amerikanischen Einflüssen folgend wurde die Idee über Gutscheinbücher als kleine Taschenbüchlein auch optisch ansprechend umgesetzt.
In dieser Aufmachung eignen sie sich hervorragend als kleine Geschenke für jeden Anlass. Ganze Damenkränzchen oder Stammtische griffen dankbar die Möglichkeit auf, die monatlichen Treffen nunmehr günstiger und abwechslungsreicher gestalten zu können. Paarweise ein bestelltes Hauptgericht zu sparen bedeutet aus Gästesicht, mit dem zweiten Restaurantbesuch den Preis des Buches wieder „hereingefuttert“ zu haben.
Aus Gastronomensicht bedeutete der plötzliche Erfolg der damals neuen Konzeption eine ziemliche Überraschung, denn die anvisierten 1000 Geschäftskontakte/Jahr kamen tatsächlich zustande, mit steigender Tendenz. Einigen Gastronomen war die Anzahl der „verschenkten“ Essen dann doch zu hoch und es kam vereinzelt zu unerfreulichen Szenen. Der angenehme Nebeneffekt für den Wirt, mit dem eigenen Werbeexemplar an freien Tagen auf Entdeckertour gehen zu können und die Konkurrenz auszuspionieren, genügte nicht jedem als Trostpflaster.
Mittlerweile sind diese Kinderkrankheiten behoben und schon ich selbst konnte mich darauf verlassen, das Werbemittel sowohl von zufriedenen Kunden wie Kollegen genutzt zu sehen. Ich habe das Konzept daher auch auf meinen Seiten verlinkt, im Juli 2013 wurden die Seiten von Google allerdings auf den Index gesetzt, weil die von Gutscheinbuch bzw. Gutscheincode präsentierten Seiten Malware verwendet hatten. Ob dies eine feindliche Attacke auf diese Seiten war oder aber der Versuch, einen lukrativen Nebenerwerb zu generieren, kann ich nicht beurteilen.
Kosten und Nutzen der Werbefinanzierung über den Wareneinsatz
Dabei sind diese „geschenkten“ Hauptspeisen ja keinesfalls „verschenkt“. Wenn Sie den Wareneinsatz eines durchschnittlichen, jeweils günstigeren Hauptgerichts einer Paar-Bestellung bei 3,50 € annehmen, würde dies einem Werbungskostenetat von 3500 €/Jahr entsprechen (unter der obigen Spekulation von 1000 Geschäftskontakten). Ich denke, nur wenn Sie keine Werbung nötig haben, können Sie es sich leisten, über solche Alternativen nicht nachzudenken.
Mit diesem gratis abgegebenen Wareneinsatz erkaufen Sie anderseits einen zwangsläufig damit verbundenen Mehrumsatz, nämlich den Rest der Zeche. Zumindest nach meiner Erfahrung war der Anteil der konsequenten „Geiz-ist-geil“-Fanatiker, die sich wirklich nur zwei kleine Wasser zu den Gutscheinessen bestellt haben und dann mit einer Zeche von 12 € wieder heimgingen, vorhanden, aber eher gering. Der überwiegende Anteil der Besucher nutzte die Ersparnis, um sich auch etwas leisten zu können, eine zusätzliche Vorspeise, mal ein teureres zweites Hauptgericht, oder den Kaffee danach. Ein entsprechendes Serviceverhalten, Gutscheinbuchbesitzer als willkommene Gäste und nicht als potentielle Hausierer zu behandeln, konnte da ein Übriges tun.
In dieser Beratung liegt das A+O dieser Werbeform, damit beginnt für Sie der eigentliche Nutzen. Andere Branchen geben Unsummen nur dafür aus, überhaupt mit dem Kunden ins Gespräch zu kommen, und hier bezahlt er sogar noch den größeren Teil. Das Problem liegt also weniger bei den Kosten, sondern wie gut und konsequent Sie diese Gesprächsmöglichkeit ausnutzen.
Schnäppchenjäger kommen in der Gastronomie nicht wieder
Natürlich sind Besitzer von Gutscheinbüchern sehr beschäftigt. Sie müssen ja innerhalb einer bestimmten Zeit ihre Gutscheine realisieren. Dies gilt für alle Schnäppchenjäger, die sie durch welche Rabatt- und Couponaktionen auch immer anlocken. Einen Teil davon werden Sie tatsächlich erst bei der nächsten Aktion ihrerseits wieder sehen. Und natürlich müssen Sie kalkulieren, ob der durch diesen Gruppe verursachte Mehrumsatz die Kosten des gratis abgegebenen Wareneinsatzes aufwiegt.
Gerade für Neuanfänger bietet sich aber die Möglichkeit, mit ziemlicher Sicherheit Leben in die Bude zu bringen. Schließlich ist nichts schlimmer als eine dauerhaft gähnende Leere im Lokal. Dieser Umstand schreckt den Gutscheinbesitzer weniger und seine Anwesenheit könnte auch angesichts leerer Tische zunächst misstrauische Laufkunden beruhigen.
Aber auch der umworbene Kunde, der nicht sofort wieder kommt, ist für Sie gerade am Anfang von großem Wert. Als aufmerksamer Leser dieser Seiten haben Sie natürlich ein Konzept, von dem Sie überzeugt sind, dass es nach gewisser Anlaufzeit die Kunden zu Ihnen bewegen wird. Dieses Angebot, das Sie in Zukunft von der Konkurrenz abheben wird, können Sie jetzt demonstrieren und sich am Kunden bewähren lassen. Im Erfolgsfall wird er es sich auch merken, am nächsten Morgen im Büro weiter tratschen oder sich beim nächsten anstehenden Event (Geschäftsessen, Hochzeit) in seinem Umfeld an Sie erinnern. Sie bauen eine auf Erfahrung und Erleben gegründete Mundpropaganda auf, während Streuwerbung Ihnen allenfalls einen gewissen Bekanntheitsgrad nach Hörensagen verschafft.
Gastronomisches Konzept sicher und zielgenau platzieren
Ein Nachteil der Gutscheinbuch-Konzepte liegt mittlerweile in ihrer langen Laufzeit und der ungenauen Planungsmöglichkeit. Auch wenn sich über Einschränkungen der Gültigkeit gewisse Möglichkeiten der Kanalisierung des Gutscheinverkehrs ergeben, können Ihnen dennoch an einem Tag sieben und am nächsten Tag null Mehrkunden blühen. Für kleinere Betriebe kann das eine erhebliche Planungsunsicherheit bedeuten.
Auch stellt sich die Frage, ob jedes besondere Konzept geeignet ist, über einen mehr auf allgemeines Publikum abzielenden Werbekatalog wie ein Gutscheinbuch vermarktet zu werden. Das beste Steakhouse der Region oder das familiär-schnuckelige Vegetarier-Restaurant für Liebhaber sprechen doch einen sehr speziellen Kundenkreis an, für den es eine genauere Zielung geben sollte. Dasselbe gilt für Erweiterungen ihres Konzepts oder das Angebot saisonaler Besonderheiten.
Auch im Rahmen der Gutscheinbuchportale konnten für solche Fragen schon bisher Einzelaktionen beworben werden. Zudem existieren eine Vielzahl von Rabatt- und Payback-Systemen, die ähnliche Möglichkeiten bieten. Allerdings kam die Vermarktung solcher Coupon-Aktionen trotz Internet bisher nicht aus den Kinderschuhen heraus. Nach meinem Bauchgefühl steht hier aber in naher Zukunft ein Quantensprung an, ähnlich der beschriebenen früheren Entwicklung von langweiligen Couponheftchen hin zum Gutscheinbuch.
Groupon als Verbindung von genauer Werbeplatzierung und allgemeinem Freizeitwert
Dies könnte sich nämlich mit der neuen Plattform Groupon ändern, und Sie sollten sich daher unter dem Aspekt der Zielgenauigkeit mit den dortigen Möglichkeiten beschäftigen oder die Entwicklung solcher Portale genau beobachten. Nicht nur, aber besonders dann, wenn Fremdenverkehr in ihrer Region eine Rolle spielt. Ein wesentlicher Mehrwert der Gutscheinbücher gegenüber ihren Vorgängern basierte auf dem Hintergrund, als Freizeitführer und Gestaltungsmöglichkeit auch für bestimmte Regionen dienen zu können, und der wurde dort durch Erweiterung auf nichtgastronomische Angebote auch konsequent ausgenutzt. Genau dieses Manko konnten alle bisherigen Couponportale nicht wirksam ausgleichen.
Das Groupon-System dagegen setzt offensichtlich schon von seiner Anlage her genau auf regionale und thematische Konzentration, bewirbt diese auch aggressiv und sorgt vor allem noch aktiv und systematisch für eine Weiterverbreitung der Gutscheine. Hier ergibt sich also eine Alternative, um bestimmte Aspekte des eigenen Konzepts planbar, kalkulierbar und sehr gebündelt darzustellen, sei es an einem bestimmten Tag oder über einen definierten Zeitraum. Über die bekannte Zahl der Rückmeldungen können Sie sich auch konkret auf den zu erwartenden Ansturm einstellen.
Allerdings hat sich Groupon seit der Erstellung dieses Artikels entwickelt und ausgebreitet. Dafür ist auch das System bekannt geworden. Solche Engagements werden sich wohl nur lohnend einsetzen lassen, wenn Sie nur einzelne Artikel ihres Programms bewerben, nicht etwa Menüs bzw. Gesamtzechen.
Steuerliche Behandlung von über Wareneinsatz finanzierten Werbemaßnahmen der Gastronomie
Diesen Punkt sollten Sie nicht außer Acht lassen, auch wenn ich ihn hier nur im Ansatz streifen kann. Zuständig ist hier ihr Steuerberater oder das Finanzamt, falls Sie sich keinen leisten können. Wie auch immer Sie eine solche Werbeform gestalten, die Kosten entstehen durch unentgeltliche oder vergünstigte Abgabe eines Produkts ihrer Speisekarte. Anders als bei einer Medienwerbung erhalten Sie also keine Rechnung dafür. Die Auslagen streuen sich vielmehr entsprechend der Nutzung, was für angespannte Kassenlagen durchaus von Vorteil sein wird. Sie dürfen aber keinesfalls untergehen!
Um diese Kosten auch steuerlich darstellen zu können, sollten Sie also zugrunde liegende Gutscheine dokumentieren (können) und diese wie andere Rechnungsbelege auch aufbewahren. Selbstverständlich muss deutlich werden, dass sie vom Kunden kommen und nicht von Ihnen gedruckt wurden. In jedem Fall sollten diese allein der Werbung geschuldeten, zusätzlichen Warenkosten nicht einfach sang –und klanglos in ihrem Wareneinsatz verschwinden. Bei der irgendwann sicher anstehenden Steuerprüfung wird sonst das Finanzamt anhand ihrer Preiskalkulation die trotz angefallenem Warenverbrauch fehlenden Umsätze nachversteuern.
Zur Vermeidung solcher Fehler empfehle ich Ihnen mein allgemeines Beratungsangebot in seiner ziemlich fairen und erschwinglichen Grundausstattung.
Tags: finanzamt, gutschein, wareneinsatz
gutscheincodes…
[...]Leben und Lassen in der Gastronomie » Gutscheine und Coupons in der Gastronomie: Vernünftiges Werbemittel?[...]…